Grundsätzliches zum Filmschnitt

Erst durch den Schnitt wird der Film zum Film! Vorher sind die gedrehten Einstellungen, wie Eisenstein gesagt hat, Rohmaterial. Aber es geht nicht nur darum den Einstellungen den Vor- und Nachlauf abzuschneiden und in eine Abfolge zu bringen, sondern es entsteht etwas Eigenständiges. Ein gut montierter Film ist viel mehr als die Summe seiner Bilder. Durch die Montage wandelt sich das Bildmaterial von der bildenden Kunst zur darstellenden Kunst. Die Regeln der Malerei, des Zeichnens und der Fotografie werden in eine andere Kunstgattung überführt. Der Schnitt ist das Spiel mit der Zeit. Durch die Kombination mit der Zeit zeigen sich die Entwicklungen und Veränderungen und der zeitliche Wandel nimmt uns mit auf die Reise zu neuen Erkenntnissen. Die Vergänglichkeit lässt uns im Kino Emotionen und Abenteuer erleben und bestehen. Ein Film hat ein Ende, ein Bild hat das nicht. Das Geheimnis liegt aber zwischen den Bildern. Der russische Regisseur und Filmtheoretiker Kuleschow hat es schon zur Stummfimzeit durch Experimente bewiesen, die schauspielerische Darstellung ändert sich in der Wahrnehmung der Zuschauer durch das vorangegangene Bild. Eine neutrale Großaufnahme eines Schauspielers erhält einen »hungrigen« Ausdruck, wenn die Einstellung auf eine Einstellung eines dampfen Suppentellers folgt. Der gleiche Schauspielerausdruck formt sich in den Augen der Betrachter zu einem »lüsternen« Portrait durch die Kombination mit der Aufnahme einer leichtbekleideten Frau. Ohne das der Schauspieler wusste wie die Einstellungen kombiniert werden, wissen wir Zuschauer aber was er fühlt und denkt! Hier werden Schauspieler und der Zuschauer gleichermaßen manipuliert.

Ja aber Filme, die nur aus einer Einstellung bestehen? Beispielsweise »Rope«, »Russian Ark« und »Victoria«. Hier sieht es so aus als wäre der Schnitt gespart worden. Laut Hitchcock war dass auch mit ein Grund den Film »Rope« (Cocktail für eine Leiche), so anzulegen, um den zeitaufwendigen und teuren Schnitt zu sparen. Dort wird der Schnitt schon in der Kamera gestaltet und man spricht von der »inneren Montage«. Es ist aber keine Methode um Geld zu sparen!

Jeder der kreativ in der Filmgestaltung tätig ist, sollte so viel als möglich vom Filmschnitt verstehen. Nicht nur der Cutter und der Regisseur, sondern auch die Drehbuchautoren, die Kameraleute und die Assistenten.

Am Donnerstag, den 1. Oktober 2015 gibt es eine kostenlose Einführungsvorlesung zum Themakreis Filmschnitt- »Das Spiel mit der Zeit«. Anmeldung unter www.netlektionen.de

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